Kennst du eigentlich den Unterschied zwischen Medizinprodukt und Kosmetikum?

Vor einem Spiegel stehen verschiedene alte Flaschen, Tuben und Flakons. Alles wirkt wie aus einer alten Apotheke.
Medizinprodukt oder Kosmetikum? Kenne den Unterschied!

Die Wenigsten wissen es, aber Gleitgele werden innerhalb von Europa als Medizinprodukt eingestuft und werden genau so streng kontrolliert wie zum Beispiel Defibrillator oder Infusionspumpen. Nächstes Jahr treten wesentlich strengere Regeln für Gleitgelhersteller in Kraft: Diese dürfen dann kein Gleitgel mehr verkaufen, wenn sie bestimmte Zertifizierungen nicht vorlegen können. Ihre Produkte gelten dann nur noch als Kosmetikum. Aber wo genau liegt der Unterschied? Wir klären dich auf, worauf du bei deinem nächsten Gleitgelkauf achten solltest.

Was ist eigentlich ein Medizinprodukt?

Jetzt wird es erst einmal etwas theoretisch 🤓

Ganz allgemein bezeichnet das Wort Medizinprodukt ein Instrument, einen Apparat, ein Gerät, eine Software, ein Implantat, ein Reagenz, ein Material oder einen anderen Gegenstand, das dem Hersteller zufolge für Menschen bestimmt ist und allein oder in Kombination einen oder mehrere der folgenden spezifischen Zwecke erfüllen soll:

  • Diagnose
  • Verhütung
  • Überwachung
  • Vorhersage
  • Prognose

Weiterhin gelten Produkte zur Empfängnisverhütung oder -förderung ebenso als Medizinprodukte. Doch gibt es für Medizinprodukte individuelle Reglementierungen – je nach Einstufung der Risikoklasse.

Klassifizierung von Medizinprodukten

Medizinprodukte werden in vier Risikoklassen unterteilt. Diese Einteilung erfolgt unter anderem nach Anwendungsort, Anwendungsdauer, anatomischer Position sowie des sich daraus ergebenden Anwendungsrisikos. Die Klassifizierung reicht von keinem vorliegenden Risiko, bis hin zu einem hohen Risiko und Gefahrenpotential.

Pyramiden-Grafik, die die Unterteilung der Klassifizierung von Medizinprodukten anhand von Beispielen als Icons zeigt. Klasse 1 befindet sich unten, Klasse 3 oben.
Je höher die Klasse, desto strikter die Regulierung.

Produkte der Klasse I weisen ein geringes Risiko auf und benötigen keine Zertifizierung durch eine offizielle Stelle. Hierzu zählen zum Beispiel Lesebrillen oder Stützstrümpfe. Darüber hinaus unterscheidet man bei der Klasse I zwischen sterilen Medizinprodukten (Klasse Is) und Medizinprodukten mit Messfunktion (Klasse Im).

Darauf folgen Medizinprodukte der Klasse II, die nochmals in IIa und IIb unterteilt werden. Produkte der Klasse IIa haben ein mittleres und die der Klasse IIb ein erhöhtes Risiko. Um beide Klassen mit der CE-Kennzeichnung zu versehen und auf den Markt zu bringen, benötigen Hersteller eine EU-Konformitätsbescheinigung, auch „CE-Zertifikat“ genannt. Zu Produkten der Klasse IIa gehören z.B. Einmalspritzen oder Ultraschallgeräte.

Klasse IIb beinhaltet unter anderem Produkte, die teilweise oder vollständig in den Körper eingeführt werden. Sie weisen ein höheres Risiko auf als IIa-Produkte bzw. -Geräte. Hierzu zählen Infusionspumpen, Beatmungsgeräte, Defibrillatoren und Gleitgele sowie Kondome. Danach folgt die Klasse III, die u.a. Produkte und Geräte umfasst, die unmittelbar am zentralen Kreislauf- oder Nervensystem eingesetzt werden, beispielsweise Herzschrittmacher oder prothetische Herzklappen.

Wenn man sich bewusst macht, welche Einwirkungen die Produkte der Klasse IIb auf den Körper haben und welch hohes Gefahrenpotenzial ihnen durch die MDR (europäische Medical Device Regulation) zugeschrieben wird, dann versteht man erst die Relevanz der Reglementierung von Gleitgelen. Bedenke: Gleitgele werden in den Körper eingeführt und müssen daher einfach den höchsten Standards gerecht werden, um so die Sicherheit der Anwender/innen zu gewährleisten.

Daher achte immer darauf, auch ein zertifiziertes Gleitgel zu kaufen. Um sicher zu sein, achte auf die Informationen auf dem Etikett.

Und was versteht man unter dem Begriff „Kosmetik“?

Kosmetik umfasst Substanzen, die ausschließlich für die äußere Anwendung vorgesehen sind – also auf Haut, Nägeln, Haaren und Zähnen. Diese Produkte müssen dazu dienen, den Körper:

  • zu reinigen,
  • zu parfümieren,
  • das Aussehen zu verändern,
  • zu schützen oder
  • den Körpergeruch zu beeinflussen.
Junge Frau mit langen rot-blonden Haaren trägt einen weißen Bademantel und hat sich einen weißen Creme-Klecks auf ihre linke Wange geschmiert.
Auch auf Kosmetik müssen gewisse Informationen enthalten sein.

Informationspflicht auf kosmetischen Produkten

Nur weil Kosmetika zur äußeren Anwendung gedacht sind, heißt das nicht, dass sie nicht auch streng kontrolliert und reglementiert werden. Auch hier gilt es, die Sicherheit des Anwenders/der Anwenderin zu gewährleisten. Daher müssen kosmetische Produkte gewisse Informationen auf dem Etikett abdrucken. Hier ein kurzer Überblick über die wichtigsten Angaben:

Auch Kosmetika müssen (wie verpackte Lebensmittel) ihre Inhaltsstoffe auf dem Etikett kennzeichnen, damit Verbraucher/innen nachvollziehen können, ob diese kritische Stoffe enthalten oder nicht. Das Kosmetikrecht der EU gibt dabei eine bestimmte Reihenfolge vor, in der alle Bestandteile aufgelistet werden: Die Inhaltsstoffe werden nach ihrem Gewichtsanteil in abnehmender Reihenfolge aufgelistet. Je mehr von einer Substanz enthalten ist, desto weiter oben ist sie aufgeführt. Dies gilt für alle Inhaltsstoffe, die jeweils über ein Prozent des Inhalts ausmachen. Aber aufgepasst: Riech- und Aromastoffe müssen nicht einzeln aufgelistet werden, sondern können zusammengefasst werden – z.B. unter dem Begriff Parfüm oder Aroma. Ausgenommen von dieser Regel sind 26 Duftstoffe, die europaweit am häufigsten bei Menschen Allergien hervorrufen. Diese Duftstoffe müssen dann gekennzeichnet werden.

Kosmetik muss ein Mindesthaltbarkeitsdatum aufweisen. Dies kann entweder durch den Wortlaut „mindestens haltbar bis“ oder durch ein bestimmtes Symbol (Eieruhr mit Datum) gekennzeichnet werden. Das Mindesthaltbarkeitsdatum informiert darüber, dass bei richtiger Lagerung das Produkt seine ursprüngliche Beschaffenheit und Funktion noch besitzt. Jedoch kann auch noch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums das Produkt ohne Gefahr verwendet werden. Denn: Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist kein Verfallsdatum!

Bei Kosmetik, die über 30 Monate haltbar ist, gelten andere Auslobungen. Hier muss das Symbol eines geöffneten Cremetiegels aufgedruckt werden, bei dem die Verwendungsdauer nach der Öffnung steht.

Ob ein Produkt nicht mehr gut ist, kannst du ganz einfach herausfinden: Riech an dem Produkt – bei ranzigem Geruch ab in die Tonne. Oder wenn sich die Bestandsteile getrennt haben – dann auch besser entsorgen.

Warum ist es wichtig, den Unterschied zu kennen?

Diese Informationen sind für die meisten unter euch eventuell nice to know – aber was bringt euch dieses Wissen? Wirklich viel!

An aller erster Stelle: Sicherheit. Da Gleitgele in den Körper eingeführt werden, gelten sie als Medizinprodukte und werden dabei genau so streng reglementiert bzw. kontrolliert wie Defibrillatoren. Daher müssen Gleitgelhersteller auch ab nächstem Jahr durch die MDR (europäische Medical Device Regulation) zertifiziert sein, um weiterhin Produkte unter dem Begriff Gleitgel oder -creme produzieren sowie verkaufen zu dürfen. Nur diese zertifizierten Produkte entsprechen den hohen Ansprüchen eines Medizinproduktes der Klasse IIb und nur diese bieten euch die Sicherheit für euren Körper.

Bei Kosmetik oder auch Lebensmitteln achten die meisten von uns auf Inhaltsstoffe, Testsiegel oder Herkunft der Bestandteile und andere Auslobungen. Wir legen großen Wert auf Qualität. Also warum sollte das auch nicht so bei Gleitgel sein? Denn es gilt: Für dich und deinen Körper nur das Beste!

Bildquellen: pexels-cottonbro-studio-8666804, pexels-koolshooters-8946864

Folge uns

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert